Annemarie, beide arbeiteten bei der Caritas, die eine im Westen, die andere im Osten der Stadt. Die kirchlichen Strukturen konnten in der DDR nie richtig geteilt werden. Frau Heidlauf beschenkte mich und meinen Bruder zu Ostzeiten mit Geld (West!) und freundlichen Kleinigkeiten. Sie war gekränkt, wenn wir als Kinder zu ihr "Tante Heidlauf" sagten, um zu danken. Sie wünschte die Nähe von "Tante Gertrud". Ein wenig Dankbarkeit hatte sie verdient, dachte ich und machte mich auf den Weg zum mir etwas unliebsamen Tantenbesuch. Meine Mutter und ich fuhren an diesem grauen Dezemberabend mit einem Bus zu einem alten, kastenförmigen Neubau am Steglitzer Damm in Südende. Die Wohnung war asketisch, ich erinnere mich an eine Stehlampe aus den vierziger oder fünfziger Jahren. Und an die Schwierigkeiten des Verstehens durch Gehör und Alter. Ich sah sie da zum letzten Mal, später kam sie in ein Altersheim und verstarb bald darauf.
Tante Gertrud ist also mein persönlicher Bezug zu Südende.